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Georgiy Michailov | Managing Partner | Dipl.-Volkswirt, B.M. (TSUoE)

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> Download 7. Restrukturierungsbarometer, FINANCE, November/Dezember 2015
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7. Restrukturierungsbarometer

Unsicherheit steigt

Die Weltwirtschaft auf stabilem Wachstumspfad – das war einmal. In jüngster Zeit haben Kassandra-Rufer wieder Konjunktur. Für die stark international agierenden deutschen Unternehmen ist besonders der stotternde Motor einiger Emerging Markets ein Risiko. So sehen das auch die Experten in den Restrukturierungsabteilungen deutscher Banken: Der Boden bei der Zahl neuer Unternehmenskrisen scheint erreicht, sie rechnen jetzt mit einem Anstieg.

Am Konjunkturhimmel sind in den vergangenen Wochen und Monaten wieder deutlich dunklere Wolken aufgezogen. Waren es zu Jahresbeginn vor allem geopolitische Krisen, die die Unternehmen hierzulande belasteten, sind es nun Sorgen um das Wachstum der Weltwirtschaft. Störfeuer kommt ausgerechnet aus den Volkswirtschaften, die bislang noch als Motor der Weltwirtschaft galten: den Emerging Markets, allen voran China.

China-Sorgen schlagen durch

Die Sorge um den Zustand der chinesischen Wirtschaft treibt auch die Experten in den Restrukturierungsabteilungen der deutschen Banken um. Das spiegelt sich in den Ergebnissen des siebten Restrukturierungsbarometers wider, für das FINANCE in Zusammenarbeit mit Struktur Management Partner Ende September Restrukturierungsexperten befragt hat. Immerhin ein Fünftel der Experten gab zu Protokoll, dass die eingetrübten Konjunkturaussichten im Reich der Mitte negative Auswirkungen auf betreute Restrukturierungsfälle in Deutschland haben. Vor allem Unternehmen aus den Branchen Fahrzeugbau- und -zubehör sowie Maschinen- und Anlagenbau sind demnach von der Lage in China betroffen. Auch die Wachstumslokomotiven in den Emerging Markets werden in den kommenden Monaten weniger stark ziehen. Doch die Wirtschaft in Deutschland läuft angesichts eines starken Inlands-geschäfts, einer sich erholenden Nachfrage aus dem Euro- Raum und der nach wie vor guten Konjunktur in den USA rund.

Neue Herausforderungen

Dies dürfte auch den deutlichen Rückgang neuer Restrukturierungsfälle im Vergleich zur Erhebung im Frühjahr 2015 erklären. So gaben nur noch 12 Prozent der befragten Experten an, in den vergangenen sechs Monaten mehr neue Krisenfälle zur Bearbeitung auf den Tisch bekommen zu haben, 55 Prozent meldeten dagegen sinkende Zahlen. Seit dem Beginn dieser Erhebung im Herbst 2012 notiert dieser Indikator damit nahe seinem Allzeittief. Ein pessimistischeres Bild zeichnen die Umfrageteilnehmer dagegen bei den Erwartungen für die kommenden sechs Monate: 39 Prozent rechnen mit einer zunehmenden Zahl neuer Restrukturierungsfälle (s. Abb.).

Die Herausforderungen, denen Restrukturierungsexperten bei der Bearbeitung von Unternehmenskrisen gegenüberstehen, nehmen weiter zu. 51 Prozent der Experten berichteten von einer gestiegenen bzw. deutlich gestiegenen Komplexität der Restrukturierungsfälle – nur 4 Prozent sahen eine abnehmende Komplexität. Anhaltend gut beurteilen die Befragten die Finanzierungsbedingungen.

Auf die Frage nach den aktuellen Trends in der Kreditvergabe nannten die Restrukturierungsexperten i nsbesondere sinkende Risikomargen, den Verzicht auf Covenants und laxere Anforderungen an den Mindest-Eigenkapitalanteil. Skeptisch blicken die befragten Restrukturierungsexperten auch auf das Kapitalmarktsegment für Mittelstandsanleihen. 27 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich viele Emittenten damit schwertun werden, und erwarten daher eine steigende Zahl von Ausfällen. Professionellen Restrukturierungsexperten dürfte die Arbeit in den Unternehmen daher nicht ausgehen.

Gute CROs sind gefragt, aber selten

CROs – so sehen es zumindest die befragten Restrukturierungsspezialisten – tragen maßgeblich zum erfolgreichen Turnaround bei. Der Bedarf an guten CROs wird daher eher wachsen. Stand heute klaffen Angebot und Nachfrage nach Meinung der Umfrageteilnehmer bereits auseinander. Jeder Fünfte der befragten Restrukturierungsexperten gab zu Protokoll, dass gut qualifizierte CROs für ihre Restrukturierungsfälle kaum verfügbar seien. „Trotz der aktuell wenigen Restrukturierungsfälle in Deutschland sind gute CROs Mangelware und meistens bereits in Projekten gebunden“, sagt Georgiy Michailov, Managing Partner bei Struktur Management Partner. Nicht nur die Bedeutung von CROs, sondern auch die an sie gestellten Erwartungen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Es gebe zwar eine Vielzahl an Vermittlern, die mehrere Hundert Personen zur Auswahl haben. „Doch den Richtigen zu finden, das bleibt weiterhin einer der kritischen Erfolgsfaktoren in der Restrukturierung“, betont Michailov.