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11. Restrukturierungsbarometer

Kreditvergabe wird immer lockerer – Geschäftsmodell und Digitalisierung werden immer wichtiger

Die seit Jahren robuste Konjunktur in Deutschland macht sich inzwischen in einer anziehenden Kreditnachfrage bemerkbar. Dabei zeigt sich, dass die Banken und Sparkassen ihre Standards für die Vergabe von Krediten zunehmend aufweichen. Das ist ein Ergebnis des aktuellen 11. Restrukturierungsbarometers.

Risikomargen sinken weiter

Befragt nach den Trends in der Kreditvergabe, berichtete der Großteil der befragten Banker (63 Prozent) von sinkenden Risikomargen. Viele Restrukturierungsexperten haben auch von niedrigeren Dokumentationsstandards berichtet (38 Prozent). In das Bild eines wettbewerbsintensiven Kreditgeschäfts passt auch die Beurteilung der aktuellen Finanzierungsbedingungen. So ist der Anteil der Befragten, die bei Restrukturierungsfällen die Finanzierung als einfach oder sehr einfach einschätzten, um lediglich einen Prozentpunkt auf 14 Prozent abgerutscht. 31 Prozent berichteten von schwierigen oder sehr schwierigen Finanzierungsbedingungen, was den Schluss zulässt, dass Unternehmen, die trotz der außerordentlich positiven Umfeldbedingungen in die Krise geraten, in der Regel auch schwierige Fälle sind. Experten bestätigen, dass viele Restrukturierungsfälle, die jetzt sichtbar werden, aufgrund von zum Teil irreparablen Geschäftsmodellen und hohem Bedarf nach „Fresh Money“ kaum sanierungsfähig sind.

Befragt nach dem allgemeinen Restrukturierungsumfeld, zeichnen die Banker ein etwas optimistischeres Bild. 43 Prozent der Restrukturierungsexperten gaben an, in den vergangenen sechs Monaten weniger neue Krisenfälle zur Bearbeitung auf den Tisch bekommen zu haben (Frühjahr 2017: 38 Prozent). Auf Branchen heruntergebrochen, hat der Sektor „Textil und Bekleidung“ den Bereich „Handel und E-Commerce“ von der Spitze verdrängt. Beide Sektoren dominierten in den vergangenen Monaten mit Abstand die „Restrukturierungshitliste“, wohingegen sich beim einstigen Sorgenkind „Umwelttechnologien und erneuerbare Energien“ eine Entspannung abzeichnet. In diesem Sektor scheint die Marktbereinigung im Wesentlichen abgeschlossen zu sein.

 

Fälle werden tendenziell schwieriger

Das Lager der Umfrageteilnehmer, die von unveränderten Fallzahlen ausgehen, liegt mit 58 Prozent auf einem Allzeithoch. 14 Prozent gehen von einer abnehmenden oder gar deutlich abnehmenden Zahl an Restrukturierungsfällen aus. Untermauert wird diese unter dem Strich positive Erwartung durch die zuletzt permanent nach oben korrigierten Wachstumsaussichten in Deutschland.

Unverändert werden auch die Herausforderungen beurteilt, denen Restrukturierungsexperten bei der Bearbeitung von Unternehmenskrisen gegenüberstehen. 42 Prozent der Experten berichteten von einer gestiegenen oder deutlich gestiegenen Komplexität der Restrukturierungsfälle (Frühjahr 2017: 41 Prozent). Zudem meinten diesmal 52 Prozent, Banken würden eher weiter finanzieren, um Abschreibungen zu vermeiden (Frühjahr 2017: 43 Prozent). Die Ergebnisse dokumentieren, dass Banken ihre Bilanzen schonen, auf eine anhaltend gute Konjunktur hoffen und ihre Kunden halten wollen.

 


Diese exogenen Gefahren schätzen die Befragten derzeit als am problematischsten für die von Ihnen betreuten Unternehmen ein
Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich | Quelle: Restrukturierungsbarometer

Quelle: Restrukturierungsbarometer



Digitalisierung ist wichtiger Faktor

Bei der Frage, welche exogenen Faktoren die Restrukturierungsexperten am problematischsten für die von ihnen betreuten Unternehmen einschätzen, rangiert an erster Stelle nach wie vor die Digitalisierung. Für 63 Prozent der Befragten ist dieses Thema wichtig oder sehr wichtig. Nicht überraschend rangiert der Punkt „disruptive Entwicklungen in der Autoindustrie“ auf Platz zwei der zurzeit größten exogenen Risikofaktoren. Angesichts der anstehenden Herausforderungen wie Elektromobilität, neue Wettbewerber, mögliche Dieselfahrverbote und Kartellermittlungen ist die Automobil- und Zuliefererindustrie momentan wohl die Branche mit der größten Unsicherheit in Deutschland.